Kongenitale thrombotisch-thrombozytopenische Purpura (Upshaw-Schulman-Syndrom): Differenzialdiagnose der neonatalen Sepsis mit disseminierter intravasaler Gerinnung

Hintergrund: Unter den Differenzialdiagnosen der neonatalen Thrombozytopenie nimmt die Verbrauchskoagulopathie bei Sepsis eine führende Rolle ein. Ein ähnliches und daher leicht fehldiagnostizierbares Bild wird durch die kongenitale thrombotisch-thrombozytopenische Purpura (Upshaw-Schulman-Syndrom,...

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Published inKlinische Pädiatrie
Main Authors Lehmberg, K, Klaassen, I, Hillebrand, G, Zylla, S, Kutscha, C, Hassenpflug, W, Schneppenheim, R, Singer, D
Format Conference Proceeding
LanguageGerman
Published 09.06.2010
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Summary:Hintergrund: Unter den Differenzialdiagnosen der neonatalen Thrombozytopenie nimmt die Verbrauchskoagulopathie bei Sepsis eine führende Rolle ein. Ein ähnliches und daher leicht fehldiagnostizierbares Bild wird durch die kongenitale thrombotisch-thrombozytopenische Purpura (Upshaw-Schulman-Syndrom, USS) verursacht. Hierbei handelt es sich um einen hereditären Mangel der von-Willebrand-Faktor (vWF) spaltenden Protease ADAMTS13, durch den es zu einer Verschiebung des vWF-Pools hin zu supranormalen Multimeren und zu Episoden einer thrombotisch-thrombozytopenischen Purpura (TTP) kommen kann, die jedoch anders als bei der idiopathischen TTP nicht autoimmunologisch, sondern genetisch bedingt sind. Neben der Thrombozytopenie ist eine mikroangiopathische hämolytische Anämie charakteristisch, ggf. mit Nierenversagen (ähnlich wie beim hämolytisch-urämischen Syndrom) und einer zentralnervösen Symptomatik. Patienten: Wir berichten über drei Neugeborene aus zwei Familien mit USS mit sehr unterschiedlichem klinischem Verlauf. Pat. 1 : Reifes männliches Neugeborenes, GG 4180g. In den ersten Lebenstagen nach Spontangeburt zunehmende Blässe mit Petechien, Schleimhautblutungen und Makrohämaturie. Thrombozyten 27/nl, Hb min. 9,4g/dl, Retikulozyten 71‰, LDH 5844U/l, Leukozyten 17,6/nl, CRP max. 10mg/l. Im Blutausstrich vermehrt Schistozyten. Unter antibiotischer Behandlung und EK-Transfusion erste Besserung, unter FFP vollständige Remission der Symptomatik. Pat. 2 : Männliches Frühgeborenenes der 34. SSW, GG 2395g. Thrombozytensturz auf 21/nl ohne klinische Blutungszeichen. Beginn einer antibiotischen Therapie unter V.a. Infektion, jedoch ausbleibender Anstieg der laborchemischen Entzündungsmarker. Bei Abklärung einer transfusionspflichtigen hämolytischen Anämie und persistierender Hyperbilirubinämie (Hb 6,7g/dl, LDH 656U/l, Gesamtbilirubin 24mg/dl) massive Schistozytose im Blutausstrich. Unter FFP zügige Remission der Symptomatik. Bei beiden Patienten wurden eine ADAMTS13-Aktivität <5% und compound-heterozygote Mutationen im ADAMTS13-Gen gefunden, wobei drei der Allelveränderungen bisher nicht beschrieben sind. Pat. 3 : Männliches Frühgeborenenes der 36. SSW, GG 2320g. Bruder von Pat. 2, pränatal molekulargenetischer Nachweis eines USS, postnatal ADAMTS13-Aktivität <5%, jedoch keine klinischen oder laborchemischen Hinweise auf eine TTP, keine Therapie erforderlich. Diskussion und Schlussfolgerung: Das USS stellt eine wichtige Differenzialdiagnose der neonatalen Thrombozytopenie bei Sepsis dar. Wegweisend ist eine Coombs-negative hämolytische Anämie mit Schistozyten im Blutausstrich. Der Verlauf ist sehr variabel, schon die Geburt allein kommt als Trigger einer thrombotisch-thrombozytopenischen Krise in Frage. Darüber hinaus kann ein USS auch eine neonatale bakterielle Infektion vortäuschen oder aggravieren. Bei symptomatischen Formen führt die Substitution von FFP zur prompten Remission.
ISSN:0300-8630
1439-3824
DOI:10.1055/s-0030-1261530