Wissen, Kontakt, Transfer : koloniale Stadtplanung am Beispiel Dares-Salaam/Deutsch-Ostafrika

Afrika als "lebendes Laboratorium"--so hat die Historikerin Helen Tilley (2011) in ihrem Buch die historischen Zusammenhänge zwischen Imperialismus, den damaligen Vorstellungen von Entwicklung und der Konstruktion von kolonialen wissenschaftlichen Kenntnissen benannt. Diese kolonialzeitlic...

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Published inKunstchronik Vol. 74; no. 7; pp. 381 - 389
Main Author Lindner, Ulrike
Format Journal Article
LanguageGerman
Published Nürnberg Fachverlag Hans Carl 01.07.2021
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Summary:Afrika als "lebendes Laboratorium"--so hat die Historikerin Helen Tilley (2011) in ihrem Buch die historischen Zusammenhänge zwischen Imperialismus, den damaligen Vorstellungen von Entwicklung und der Konstruktion von kolonialen wissenschaftlichen Kenntnissen benannt. Diese kolonialzeitliche Vision vom "lebenden Laboratorium" ist vor allem mit Blick auf die Kolonialstädte im Afrika des Hochimperialismus als besonders brisant zu beurteilen. In den europäischen Kolonialverwaltungen und in den afrikanischen Kolonien bildete sich ein weitverbreitetes, wenig hinterfragtes Wissen über Kolonialstädte heraus, das die Entwicklung und die Gestalt dieser Ansiedlungen prägte. Die Kolonisierenden planten in ihren ren Ende des 19. Jahrhunderts beim Scramble for Africa in Besitz genommenen Kolonien gänzlich neue Städteoder veränderten bereits bestehende urbane Strukturen substantiell. Dadurch unterschieden sich diese meist von asiatischen Kolonialstädten wie Kalkutta, Delhi oder Saigon, die auf eine lange autochthone Stadtgeschichte zurückblicken konnten. Die Kolonisierenden richteten die urbanen Zentren im sub-saharischen Afrika vor allem an ihren eigenen Vorstellungen und Bedürfnissen aus und griffen mit rassistisch motivierten Maßnahmen umfänglich in die Lebenswelten der dortigen Bevölkerung ein. Hier wurden Wissenskonzepte und administrative Praktiken entwickelt, die rassistische Kategorien der Unterscheidung festschrieben, auf die sich die europäische Kolonialherrschaft in Afrika stützte.
ISSN:0023-5474