Der Graben zwischen Ost und West – welche Politik hilft gegen Ungleichheit?

Die Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland sind auch noch 30 Jahre nach dem Mauerfall ein Thema, das sich vor allem populistische Parteien zunutze machen. Wie groß sind die wirtschaftlichen und sozialen Disparitäten in Deutschland wirklich? Ist der Aufholprozess ins Stocken geraten? Welche M...

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Published inIfo schnelldienst Vol. 72; no. 16; pp. 3 - 18
Main Authors Ragnitz, Joachim, Rösel, Felix, Thum, Marcel, Hirte, Christian, Tiefensee, Wolfgang, Niebuhr, Annekatrin, Fink, Philipp, Hennicke, Martin, Tiemann, Heinrich
Format Journal Article
LanguageEnglish
German
Published München ifo Institut – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München 22.08.2019
Institut für Wirtschaftsforschung (Ifo)
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Summary:Die Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland sind auch noch 30 Jahre nach dem Mauerfall ein Thema, das sich vor allem populistische Parteien zunutze machen. Wie groß sind die wirtschaftlichen und sozialen Disparitäten in Deutschland wirklich? Ist der Aufholprozess ins Stocken geraten? Welche Maßnahmen sollte die Politik ergreifen, um gleichwertige Lebensverhältnisse in Ost und West zu schaffen? Joachim Ragnitz, Felix Rösel und Marcel Thum, Niederlassung Dresden des ifo Instituts, sehen die Ungleichheiten zwischen Ost und West nicht mehr in Löhnen und Infrastruktur, sondern in der Demografie. Der ökonomische Graben zwischen Ost und West habe sich in den letzten drei Jahrzehnten deutlich geschlossen, aber der anhaltende Bevölkerungsverlust reiße im Osten neue soziale und politische Gräben auf. Es brauche ein Umdenken in der Wirtschaftspolitik: weg von der bloß auf Ansiedelungsanreize setzenden Strukturpolitik, hin zu einer Förderung des sozialen Zusammenhalts in Stadt und Land. Christian Hirte, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie, sieht zwar Erfolge, des Programms »Aufbau Ost«. Die ostdeutsche Wirtschaft zeichne sich aber noch immer durch eine großflächige Strukturschwäche aus: das Fehlen von Zentralen großer Konzerne, der Mangel an großen Mittelständlern sowie eine niedrigere FuE-Quote. So empfehle die von der Bundesregierung eingesetzte Kommission »Gleichwertige Lebensverhältnisse« u. a. eine innovationsorientierte Förderpolitik für strukturschwache Regionen. Auch Wolfgang Tiefensee, Thüringer Minister für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft, sieht den Aufbau Ost in vielen Bereichen erfolgreich. Dennoch bleibe eine Reihe von Politikfeldern, in denen sich Ost und West deutlich voneinander unterscheiden. Vor allem bei der Angleichung der Löhne und der Erhöhung der Renten gelte es, die soziale Einheit zwischen Ost und West zu vollenden. Nach Ansicht von Annekatrin Niebuhr, Universität zu Kiel, weichen die Wirtschaftskraft und die Arbeitsmarktbedingungen in Ost- und Westdeutschland nach wie vor erheblich voneinander ab. Um den wirtschaftlichen Aufholprozess Ostdeutschlands voranzutreiben, sollte die Unterstützung strukturschwacher Regionen zukünftig stärker auf die Förderung von FuE-Aktivitäten und die regionale Humankapitalausstattung ausgerichtet werden. Nach Meinung von Philipp Fink, Martin Hennicke und Heinrich Tiemann, Friedrich-Ebert-Stiftung, sind »gleichwertige Lebensverhältnisse« in Deutschland bisher nicht geschaffen worden. Notwendig sei ein umfassendes politisches Konzept zur Bekämpfung der Disparitäten, das die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse mit einer Politik zur Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts verbindet.
ISSN:0018-974X