Dringlichkeit neurochirurgischer Interventionen bei schwerem Schädel-Hirn-Trauma

Zusammenfassung Hintergrund Ziel der vorliegenden Studie war die Untersuchung der Frage, inwieweit das neurologische funktionelle Outcome und die Mortalität bei schwerem Schädel-Hirn-Trauma (SHT) durch eine zeitnahe (innerhalb von Stunden) neurochirurgische Intervention im Sinne einer operativen Dek...

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Published inDer Unfallchirurg Vol. 116; no. 1; pp. 39 - 46
Main Authors Kühne, C.A., Mand, C., Lefering, R., Lendemans, S., Ruchholtz, S.
Format Journal Article
LanguageGerman
Published Berlin/Heidelberg Springer-Verlag 2013
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Summary:Zusammenfassung Hintergrund Ziel der vorliegenden Studie war die Untersuchung der Frage, inwieweit das neurologische funktionelle Outcome und die Mortalität bei schwerem Schädel-Hirn-Trauma (SHT) durch eine zeitnahe (innerhalb von Stunden) neurochirurgische Intervention im Sinne einer operativen Dekompression positiv beeinflusst werden können – oder ob der weitere Verlauf bereits durch die initiale Schwere der Verletzung weitgehend vorbestimmt ist. Methodik Die Datenerhebung erfolgte prospektiv im Rahmen des Traumaregisters der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU). Patienten mit durchgeführter Trepanation, ISS≥9 Punkte und dokumentierter Unfall- und Operationszeit wurden in die Analyse eingeschlossen. Um den möglichen Einfluss des Zeitfaktors auf das Outcome und die Mortalität zu untersuchen, wurden alle Patienten in eine der folgenden Gruppen eingeteilt: Gruppe I: Operationsbeginn innerhalb von 2 h nach dem Unfall, Gruppe II: Operationsbeginn innerhalb von 2–3 h, Gruppe III: Operationsbeginn innerhalb von 3–6 h, Gruppe IV: Operationsbeginn innerhalb von 6–24 h, Gruppe V: Operationsbeginn nach 24 h. Innerhalb der einzelnen Gruppen wurde dann nach Unterschieden im AIS der einzelnen Körperregionen, der GCS, dem Alter und dem ISS bei verstorbenen und überlebenden Patienten untersucht. Ergebnis Analysiert werden konnten 770 Personen mit schwerem SHT (AIS Schädel ≥3), Trepanation und vollständigem Datensatz hinsichtlich Unfallzeit und Operationsbeginn. Das Durchschnittsalter betrug 39,9 Jahre, 71,6% waren männlichen Geschlechts. Die durchschnittliche Gesamtverletzungsschwere lag bei ISS=31,4, der durchschnittliche AIS Kopf bei 4,51. Von den insgesamt 570 Patienten, die innerhalb von 6 h (Gruppe I–III) operiert wurden verstarben 188 (33%), wohingegen von den 200 Patienten, die nach ≥6 h operiert wurden, 40 (20%) verstarben. Dabei nahm die Mortalität in den einzelnen Gruppen (I–V) mit zunehmendem Intervall zwischen Unfallzeitpunkt und Operationsbeginn ab (49% auf 14%). Ebenso nahmen dabei die anatomische und funktionelle Verletzungsschwere in den Gruppen I–V ab (AIS Kopf =4,66 in Gruppe I vs. AIS Kopf =4,23 in Gruppe V). Die „Glasgow Coma Scale“ (GCS) zeigte umgekehrt eine deutliche Zunahme in den Gruppen (GCS=5,9 in Gruppe I vs. GCS=8,8 in Gruppe V). Eine Anisokorie fand sich bei 39,8% der Patienten in Gruppe I und nahm in den Gruppen II–V stetig ab. Schlussfolgerung Eine Verringerung der Mortalität durch Verkürzung des Zeitfensters zwischen Unfallzeitpunkt und Operationsbeginn konnte nicht nachgewiesen werden, vielmehr scheint die initiale Schwere der intrazerebralen Verletzung maßgeblich für die Prognose und das Outcome des Patienten zu sein. Auch bestimmt die Zeitspanne zwischen Unfallzeitpunkt und Beginn der neurochirurgischen Intervention – bei Ausbleiben einer neurologischen Symptomatik – das weitere Outcome weniger als bislang postuliert. Die Zeitspanne zwischen dem Auftreten neurologischer Symptome (z. B. Anisokorie) und neurochirurgischer Intervention spielt hingegen eine wichtige Rolle und sollte möglichst kurz gehalten werden.
ISSN:0177-5537
1433-044X
DOI:10.1007/s00113-011-2042-6