Cannabispräparate für die Therapie chronischer Schmerzen Problemfelder bei medizinischen Begutachtungen aus der Erfahrung des MDK Nord

Zusammenfassung Hintergrund Am 10. März 2017 trat § 31 Abs. 6 SGB V in Kraft, der Ärzten jeder Fachrichtung die Verordnung von Cannabispräparaten als Fertig- oder Rezepturarzneimittel für Patienten mit schwerwiegenden Erkrankungen zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) erlaubt. Die Erst...

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Published inSchmerz (Berlin, Germany) Vol. 33; no. 5; pp. 437 - 442
Main Authors Heidbreder, Marc, van Treeck, Bernhard
Format Journal Article
LanguageGerman
Published Heidelberg Springer Medizin 01.10.2019
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Summary:Zusammenfassung Hintergrund Am 10. März 2017 trat § 31 Abs. 6 SGB V in Kraft, der Ärzten jeder Fachrichtung die Verordnung von Cannabispräparaten als Fertig- oder Rezepturarzneimittel für Patienten mit schwerwiegenden Erkrankungen zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) erlaubt. Die Erstverordnung unterliegt einem Genehmigungsvorbehalt der betreffenden Krankenversicherung, welche wiederum den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit einer medizinischen Begutachtung beauftragt. Fragestellung Bereits kurz nach Inkrafttreten des Gesetzes wurde von verschiedenen Seiten über Unwägbarkeiten bei der Kostenübernahme einer Therapie mit Cannabispräparaten berichtet. Auf Basis der Erfahrungen des MDK Nord werden Problemfelder, die patientenseitig, behandlerseitig oder durch Verordnung bestimmter Cannabispräparate auftreten, beleuchtet. Material und Methoden Retrospektive Betrachtung unter Berücksichtigung aktueller Literatur von etwa 2200 Fällen, die 2018 beim MDK Nord aus Hamburg und Schleswig-Holstein eingegangen sind. Ergebnisse Eine relevante patientenseitige Problematik ergab sich aus der unscharfen Definition des Begriffs „schwerwiegende (chronische) Erkrankung“. An mehreren Stellen im SGB V findet sich zwar der Begriff der schwerwiegenden Erkrankung, jedoch wird dieser nicht konkretisiert. Nicht berücksichtigt sind außerdem Konstellationen wie z. B. die Multimorbidität. Ein anderes Problem bestand in der zum Teil kaum nachvollziehbaren Erwartungshaltung an die Therapie mit Cannabispräparaten. Eine behandlerseitige Problematik ergab sich aus fehlenden, unzureichenden oder widersprüchlichen Informationen zu Erkrankung und/oder Therapie, weshalb etwa ein Drittel der Anträge zunächst nicht begutachtet werden konnte. Hinsichtlich verordneter Cannabispräparate waren Cannabisblüten in Bezug auf Dosierung und Wirkspiegel problembehaftet, zudem stieg die Zahl von Anträgen auf eine Therapie mit reinem Cannabidiol an. Diskussion Viele berichtete Probleme in Bezug auf die Verordnung von Cannabispräparaten waren auch beim MDK Nord zu beobachten. Es zeigte sich eine nach wie vor bestehende Unsicherheit und darüber hinaus auch eine nicht hinreichende Kenntnis hinsichtlich Verordnungsmöglichkeiten von Cannabispräparaten. Demzufolge wäre zu erwägen, die Verordnung auf bestimmte Fachrichtungen zu beschränken. Im Einzelfall kann eine solche Therapie nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung z.B. bei neuropathischen Schmerzen therapeutisch durchaus sinnvoll erscheinen.
ISSN:0932-433X
1432-2129
DOI:10.1007/s00482-019-00397-1